Plakatwerbung zur Impfkampagne

Brief der Deutschen Gesellschaft an die Wyeth Pharma GmbH und den Deutschen Werberat / Thema Werbekampagne "Taub macht stumm"

Ihre Werbekampagne "Taub macht stumm"

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und Schwerhörigen ist Dachverband von deutschen Bundesverbänden gehörloser, ertaubter und schwerhöriger Menschen sowie von Berufsverbänden der Hörgeschädigtenarbeit.

Von verschiedenen Seiten sind wir auf Ihre Werbekampagne unter dem Motto "Taub macht stumm" aufmerksam gemacht worden. Es kamen Unverständnis wie Verärgerung zum Ausdruck. Vor allem besteht die berechtigte Sorge, dass Ihre Plakate eine erhebliche Fehlinformation der Öffentlichkeit bewirken und einen deutlichen Rückschlag jahrelanger Bemühungen der Öffentlichkeitsarbeit zur tatsächlichen Situation hörbehinderter Menschen zur Folge haben.

Seitens unseres Dachverbandes erkennen wir durchaus Ihr Bemühen, mittels eines "reißerischen" Slogans auf eine unbestritten wichtige Impfung aufmerksam zu machen. Allerdings berechtigt das Engagement, Schädigungen bei Menschen zu vermeiden, nicht dazu, behinderte Menschen zu diskreditieren! Wir unterstellen Ihnen nicht, dass sie dieses beabsichtigten. Allerdings hätten wir mehr Sensibilität oder auch eine der Sache gerecht werdende Recherche erwartet.

Denn Taub macht nicht stumm!
Es bestehen schon seit Jahrzehnten vielfältige Möglichkeiten der Sprachanbahnung bzw. der Artikulationsförderung in unterschiedlicher Weise von Hörschädigung betroffener Menschen.
Darüber hinaus verfügen gehörlose Menschen über ihre Gebärdensprache, die ein umfassendes Lautsprachen gleichwertes Sprachsystem darstellt und in jüngster Zeit auf breiter politischer Ebene Anerkennung erfährt.

Die Erfahrung hörgeschädiger Menschen lässt sich im übrigen wie folgt zusammenfassen: Die eigentliche Behinderung liegt gerade nicht in der Taubheit an sich begründet, sondern viel mehr in Unverständnis und Barrieren, denen sich hörgeschädigte Menschen durch ihre Umwelt ausgesetzt fühlen.Leider haben Sie mit ihrer Kampagne diese Erfahrung in besonders gravierender Weise bestätigt.

Wir fordern Sie auf, die Plakate "Taub macht stumm" abzuhängen bzw. entsprechend zu überkleben. Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass Sie ein deutliches Zeichen dafür setzen sollten, dass Sie sich von dem von Ihnen gewählten Slogan distanzieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ulrich Hase

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